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Wolfsburg
12:51 08.06.2016
Andreas Otto, Vorstandsvorsitzender der Gifhorner Wohnungsbau-Genossenschaft eG. GWG

Digitalisierung ist in aller Munde, doch was sich dahinter verbirgt, ist oft unklar. Ein praxisbezogenes Bild für die Wohnungswirtschaft zeichnet Andreas Otto, Vorstandsvorsitzender der Gifhorner Wohnungsbau- Genossenschaft eG. Er skizziert die positiven Effekte der Digitalisierung für Mieter, Wohnungsunternehmen und deren Geschäftspartner und veranschaulicht so, wie mit Hilfe der Digitalisierung konkrete Lösungen für die Wohnungswirtschaft entwickelt werden können:


Wohnungssuche im digitalen Zeitalter


In Gifhorn sucht Laura Müller eine neue Wohnung. Wie die meisten Menschen ihrer Altersgruppe nutzt sie das Internet zur Erledigung vieler Dinge des alltäglichen Lebens: Sie kauft Bücher, Kleidung sowie Haushaltsprodukte im Netz und tätigt ihre Bankgeschäfte online. Den Kontakt zu ihren zahlreichen Freunden hält sie per Facebook, WhatsApp und E-Mail. Für die junge Frau ist es selbstverständlich, die neue Wohnung über ein Online-Wohnungsportal zu suchen. Sie gibt die Rahmendaten für ihre Wunschwohnung ein: Größe, Anzahl Zimmer, Entfernung zur Klinik, Altbau, Balkon, Einbauküche … Schnell wird sie fündig: Die Gifhorner Wohnungsbau-Genossenschaft eG (GWG) bietet eine Wohnung an, die ihrer Vorstellung entspricht. Positive Kommentare zur GWG, die sie auf Facebook findet, geben ihr ein gutes Gefühl. Die GWG hat ihre IT per Internet mit dem Wohnungsportal verbunden. Alle Wohnungen sind mit den relevanten Daten im zentralen Softwaresystem hinterlegt. Dietmar Bayer, Sachbearbeiter im Vermietungsbüro der GWG, kann eine freie Wohnung so auf Knopfdruck im Internet bereitstellen. Auf seinem „digitalen Schreibtisch“ sieht er die Anfrage von Laura Müller. Ein Knopfdruck und schon ist ein Termin vor Ort vereinbart. Frau Müller erhält eine E-Mail mit der Terminvereinbarung, die sofort im Smartphone hinterlegt wird. Während der Besichtigung wird Laura Müller klar, dass diese Wohnung doch nicht ihren Vorstellungen entspricht. Mit einem Blick auf sein Tablet hat Experte Bayer zwei weitere Wohnungen im Wunschviertel gefunden. Das Gerät ist online mit dem zentralen Softwaresystem der GWG verbunden und erhält in Echtzeit Wohnungsalternativen.

Online vermieten und betreuen

Die nächste Wohnung überzeugt und Laura Müller will sofort zugreifen. Darauf ist Dietmar Bayer vorbereitet: Der Mietvertrag für die Wohnung wird aus dem zentralen IT-System auf dem Tablet bereitgestellt und kann direkt unterschrieben werden. Wichtige Daten der neuen Mieterin hat das System bereits von der Anfrage aus dem Portal übernommen. Der Vertrag wird in der digitalen Mieterakte gespeichert und per E-Mail an Laura Müller gesendet. Zum Schluss weist Dietmar Bayer die neue Mieterin noch auf das Mieterportal der GWG hin. Diese Online-Plattform arbeitet ebenfalls voll integriert mit dem zentralen Softwaresystem der GWG. Dort gibt es eine Menge an Services: Sie reichen von Mietbescheinigungen, Schadensmeldungen, Anfragen zur Haustierhaltung, aktuellen Auskünften zum Energieverbrauch der Wohnung oder dem Angebot lokaler Dienstleistungen. Auch Einladungen zum Mieterfest, nützliche Tipps zum Einkaufen und zum Nahverkehr sind individuell für sie auf dem Portal hinterlegt.

Wohnungsabnahme und Schadensmeldung

Da Dietmar Bayer ohnehin gerade unterwegs ist, erledigt er noch eine Wohnungsabnahme für einen Mieter. Auf seinem Tablet sind alle Daten hinterlegt: Jeder Raum kann vom Bodenbelag bis zur Steckdose begutachtet werden. In Echtzeit mit dem zentralen System verbunden, kann Dietmar Bayer eine Schadensmeldung an das System senden, die dort vollautomatisch eine Handwerkerbeauftragung auslöst. Auch Mieter können über eine App eine Schadensmeldung eingeben, selbst außerhalb der Bürozeiten. Die GWG beauftragt einen Handwerker und schlägt per SMS einen Termin vor. Wird der Termin bestätigt, erfolgt die Reparatur pünktlich und korrekt.

Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft

Diese fiktive Geschichte zeigt, was schon heute dank Digitalisierung möglich ist. Kern der Digitalisierung ist das (mobile) Web 2.0. Darunter versteht man die Nutzung des Internets als interaktive Kommunikations- und Serviceplattform. Diese ermöglicht den sicheren Zugriff auf Daten und vor allem die Nutzung von Software über die Grenzen einzelner Geräte hinaus. In kurzer Zeit ist diese Form der Internetnutzung förmlich explodiert und verändert mehr und mehr unser Leben. Die intuitive Bedienung und der reibungslose Dialog unterschiedlichster Geräte, Dienste und Plattformen sind dabei entscheidend. Für Unternehmen bietet die Digitalisierung vielfältige Chancen von der Steigerung der Prozesseffizienz bis zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Im Mittelpunkt eines digitalen Ökosystems für die Wohnungswirtschaft stehen die Technologien, mit denen ein Informationszugriff ermöglicht wird. Mit deren Hilfe können verschiedene Hardwarekomponenten, Software, Inhalte und Dienste zu Anwendungen für die Nutzer verbunden werden. Je nach Einsatzzweck verbinden die Lösungen Unternehmen mit ihren Endkunden (Business to Consumer B2C, z. B. Wohnungsunternehmen und Mieter), Wohnungsunternehmen mit anderen Unternehmen (Business to Business B2B, z. B. Handwerker) oder Wohnungsunternehmen mit seinen Mitarbeitern (Business to Employee, B2E, z. B. mobile Wohnungsabnahme mit Tablet).

Einbindung ist nötig

Neue Technologien und Systeme bieten vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Dabei darf aber Folgendes nicht übersehen werden. Damit Digitalisierung wirklich Nutzen bringt, muss das Unternehmen Klarheit haben, welche Ziele mit der Digitalisierung verfolgt werden: Sollen – um nur einige Beispiele zu nennen – etwa die Prozesseffizienz erhöht, Compliance sichergestellt oder neue Dienstleistungen für ältere Menschen erbracht werden? Darüber hinaus muss die Digitalisierung in die Prozesslandschaft des Unternehmens eingebettet sein. Am Beispiel von CRM (Customer Relationship Management) wird klar, was dies bedeutet: Unternehmensziele können etwa Serviceorientierung, Effizienzsteigerung oder Marktpositionierung sein. Alle Kundenprozesse müssen erfasst und gemäß den Unternehmenszielen definiert sowie die Aufbau- und Ablauforganisation darauf abgestimmt sein.

Fazit und Ausblick

Mit dem Web 2.0 wurde das Internet zu einer umfassenden Kommunikations- und Serviceplattform, die unser Leben zunehmend verändert. Die fortschreitende Digitalisierung schafft vielfältige Chancen für die Unternehmen. Gleichzeitig wird die Nutzung des Internets mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit. Der daraus resultierenden Erwartungshaltung von Kunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern müssen sich Unternehmen stellen. Mieter werden von ihren Wohnungsunternehmen die gleichen Kommunikationsmöglichkeiten und Erreichbarkeiten erwarten wie von ihrer Bank oder dem Internethändler. Um den wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden und Chancen zu nutzen, bedarf es einer modernen IT-Landschaft (digitales Ökosystem), die sowohl technisch als auch prozessual integriert ist. Unternehmensorganisation, -prozesse und digitales Ökosystem müssen aufeinander abgestimmt sein. Neben den etablierten Lösungen wie etwa die Automatisierung des Zahlungsverkehrs oder die Nutzung von Handwerkerportalen in der Instandhaltung finden wir zahlreiche neue Beispiele für die Digitalisierung der Wohnungswirtschaft. Von besonderer Bedeutung ist hier die Nutzung eines umfassenden Customer-Relationship- Management-Systems oder der Einsatz mobiler Lösungen für Wohnungsabnahme oder Inspektion. Ein Blick über die Grenzen zeigt exemplarisch, was noch möglich ist: z. B. das mobile Mietinkasso bei säumigen Zahlern, die Vermietung bis zum Vertragsabschluss vollständig im Internetportal oder auch Onlineangebote zur Anmietung von Einrichtungsgegenständen (Waschmaschine, Küche etc.) vom Wohnungsunternehmen.

Zwei große Themen bewegen aktuell die Wohnungswirtschaft: die Energiewende und die demografische Entwicklung. Der Einsatz von Technologie bietet auch hier Lösungen: Digitalisierung wird in der Wohnung selbst stattfinden, sei es durch technische Systeme zur Verbesserung der Energieeffizienz oder durch Assistenzsysteme, die älteren Menschen den längeren Verbleib in der Wohnung erlauben.

Es wird spannend sein zu sehen, welche Chancen sich aus der Verbindung des „digitalisierten Wohnungsunternehmens“ mit der „digitalisierten Wohnung“ ergeben. 

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